Gruß an Fridays4Future Münster

Am 15. März haben weltweit über 1,4 Millionen junge Menschen für Klimaschutz gestreikt. Hier unser Grußwort an die Fridays4Future-Demo in Münster.

Liebe Freund*innen von Fridays for Future,

wir, Seebrücke Münster, bringen Euch unseren Gruß.

Wenn wir uns als Seebrücke für sichere Fluchtwege einsetzen, dann ist uns bewusst, dass eine der relevantesten Ursachen, die Menschen zur Flucht zwingen, die Konsequenzen des Klimawandels sind. Diese treffen andere Regionen der Welt besonders hart. 2017 wurden 18,8 Mio. Menschen von Naturkatastrophen zur Flucht gezwungen. 2050 könnten es 200 Mio. sein. Die Themen, die uns beschäftigen, verbinden uns.

Als Seebrücke fühlen wir uns mit Euch aber auch deshalb besonders verbunden, weil wir ähnliche Erfahrungen gemacht haben.

1. Wir weigern uns, nur an uns zu denken. Zu lange haben Menschen unbewusst gedacht: „Ja, mit dem Klima kann es so nicht weitergehen, aber…“ Oft hat man es nicht ausgesprochen, aber der Satz geht ungefähr so weiter: „…Aber ich bleibe ja erstmal verschont. Nach mir oder anderswo, darf ruhig die Sintflut kommen.“ Wenn Ihr heute streikt, dann auch für diese Menschen: Die, die anderswo sind, die noch nicht hier sind, für die aber die Konsequenzen des Klimawandels lebensbedrohlich sind. Ihr wagt es, Partei für Menschen zu ergreifen, die Opfer dieser Zustände sind.

2. Wir weigern uns wegzuschauen. Da wo Politiker*Innen und Öffentlichkeit genau das tun oder sogar sagen: „Hier gibt es nichts zu sehen, geht weiter.“ Wir schauen hin. Und sehen, dass das Mittelmeer ein Graben geworden ist, dass die „Fluchtursachenbekämpfung“ Kooperation mit Milizen und Sklavenhändlern beinhaltet, dass die Politiken der Abschottung und Abschiebung und die Verteidigung der wirtschaftlichen und politischen Interessen unserer europäischen Heimatländer schlicht und einfach Menschen töten. Wir schauen hin und sehen, dass dieser Planet keine Zukunft hat, wenn es so weitergeht. Wir sehen, dass man den kommenden Generationen das Leben deutlich erschwert oder gar raubt. Wenn Ihr heute streikt, dann macht Ihr das Verdrängte sichtbar. Ihr wagt es, die Wahrheit auszusprechen.

3. Weil wir hinschauen, können wir nicht anders als die Verkettungen von Ursachen und Wirkungen zu benennen. Zwang zur Flucht und Klimawandel sind Fragen, die uns dazu führen, global zu denken und die Strukturen dieser Weltordnung zu hinterfragen. Eine Welt, in der das letzte Gesetz, von dem alles abhängt, die Profitmaximierung ist und jeder Konzern, jedes Land, in einer Konkurrenz zu den anderen steht, ist eine Welt die keinen Platz für das Leben aller Menschen hat. Man wird immer versuchen müssen, sich auf Kosten „ferner“ Menschen und der Natur einen Vorteil zu verschaffen: Man muss die billigste Energiequelle bevorzugen, man degradiert ganze Regionen zum Lieferanten billiger Arbeitskraft und von Rohstoffen oder zum Markt für das, was bei uns nicht verkauft wird. Diese Zusammenhänge zu erkennen ist Teil des Hinschauens – genauso, wie die Verkennung dieser Zusammenhänge Teil des Wegschauens ist. Wenn Ihr heute streikt, dann sagt Ihr laut: Schaut hin, stellt euch nicht dumm!

4. Weil wir hinschauen, erkennen wir auch, dass eine Veränderung dringend nötig ist – dass nur eine grundsätzliche Veränderung diese Welt retten kann. Es geht dabei nicht um ein paar Veränderungen innerhalb des Bestehenden, um ein paar Korrekturen: es geht ums Ganze. Die Erderwärmung und die Verwüstung ganzer Regionen kann man nur aufhalten, wenn man von einer Gesellschaft und Wirtschaftsform wegkommt, die wortwörtlich alles Verheizen muss um bestehen zu können. Dem kann man nicht nur eine Veränderung des individuellen Lebensstils entgegensetzen. Auch geht es nicht nur darum, das Verhalten einzelner Regierungen oder Konzerne zu verbessern. Vielmehr gilt: System Change, not Climate Change.

5. Vor allem sind wir Euch aber dadurch nahe, dass wir wissen, dass diese Veränderung möglich ist. Eine andere Welt, die nicht auf die Katastrophe zusteuert und die nicht schon für so viele eine Katastrophe ist, muss möglich sein können. Wir sagen nein zur stillschweigenden Akzeptanz dieser Katastrophe. Denn diese Akzeptanz ist nichts anderes als Zynismus und Nihilismus – auf Kosten anderer, aber bald auch auf „unsere“ Kosten. Aber wir sagen Ja zu einer anderen Welt, in der man gut leben kann. Diese Welt ist möglich, und sie wird auch mit uns möglich.

Der erste Schritt dahin ist: Sich querstellen, nicht ausweichen, dabeibleiben. Auch wenn das Kosten hat. Auch wenn sie Euch klein- oder schlechtreden wollen. Auch wenn sie Euch bestrafen wollen.
Das habt Ihr erkannt, das habt Ihr getan. Und Ihr seid immer noch hier. Das ist stark!

Dafür danken wir Euch!