Am 9. Dezember freuen wir uns auf den nächsten Vortrag aus unserer GrenzKritik-Reihe um 20 Uhr live auf YouTube: https://youtu.be/T4IDzLLV1Jg
Zum Thema:
Nicht nur in Spanien gründeten sich nach den Protesten 2011/12 in Reaktion auf das autoritär-neoliberale Krisenmanagement neuartige Zusammenschlüsse von Bewegungsakteur*innen und Parteien auf städtischer Ebene – die munizipalistischen Listen, die vielfach einen Brückenschlag zwischen Bewegung und Staat auf lokaler Ebene herstellen konnten. Sie gelangten in die Rathäuser von Madrid, Barcelona und vielen mehr. Auch in der ehemaligen jugoslawischen Region entschlossen sich Menschen nach verschiedenen Protesthöhepunkten dazu, die Stadtparlamente zu einem strategischen Ort der Auseinandersetzung zu machen und gründeten munizipalistische Plattformen: Zagreb je NAŠ! und Ne da(vi)mo Beograd. Während es der Zagreber Plattform 2017 gelang, in die Nachbarschafts- und Bezirksräte sowie das Stadtparlament gewählt zu werden, scheiterten Ne da(vi)mo Beograd 2018 an der 5%-Hürde und dem mit allen Mitteln medialer Kontrolle und Repression geführten Wahlkampf.
Was treibt soziale Bewegungen dazu sich auf die lokale Ebene bzw. den urbanen Raum zu fokussieren und ganz explizit die staatlichen Apparate in die Zange nehmen, sie sogar „übernehmen“ zu wollen? Kann der Staat ein Terrain von emanzipatorischen Kämpfen sein, der über die Teilnahme an Wahlen von seinem demokratischen Zentrum her – dem Parlament – grundlegend verändert wird? Der Vortrag zeichnet die Entstehungsbedingungen der beiden Initiativen im Kontext einer größeren „munizipalistischen Welle“ nach und fragt nach den Chancen und Grenzen einer solchen Strategie im Lichte materialistischer Staats- und radikaler Demokratietheorie.
Zur Person:
Norma Tiedemann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet Politische Theorie der Universität Kassel und arbeitet an ihrer Dissertation über autoritäre Staatlichkeit und munizipalistische Gegenbewegungen in Zagreb, Kroatien und Belgrad, Serbien. 2018, 2019 und 2020 führte sie Interviews mit den Aktivist*innen der beiden Plattformen. Sie ist außerdem aktiv bei Uni Kassel Unbefristet für bessere Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft und bei Feminism Unlimited*Kassel (FU*K).